Alexander von Humboldt - Christian
Gottfried Ehrenberg
Briefwechsel
Herausgegeben von Anne Jobst
unter Mitarbeit von Eberhard Knobloch
Der vorliegende Briefwechsel zwischen
Alexander von Humboldt und Christian Gottfried Ehrenberg,
bestehend aus ca. 300 Briefen, die Mehrzahl davon von
Humboldts Hand, ist ein wichtiger Mosaikstein zum Bild der
Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts.
Ehrenberg, in seiner Zeit ein berühmter
und gefeierter Mikropaläontologe, war ein geschätzter
Kollege Humboldts, nicht nur in seiner Funktion als Sekretar
der mathematisch-physikalischen Klasse der
Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften, auch als
Mikrobiologe, der in damals noch kaum bekannten Bereichen
forschte.
Die Korrespondenz der beiden
Wissenschaftler beleuchtet zunächst Humboldts Förderung des
jungen Mannes, der nach der Erlangung der Doktorwürde 1818
eine Forschungsreise unternehmen wollte. Der erste
überlieferte Brief datiert vom 15. April 1820. Humboldt
dankt Ehrenberg darin für eine Schrift (wahrscheinlich seine
Doktorarbeit über "Die Schimmelwälder Berlins", Berlin
1818), und versichert ihn seiner Unterstützung für die
bevorstehende Reise nach Nordafrika. Im Laufe der sechs
Jahre währenden Expedition verwendet sich Humboldt mehrfach
für Ehrenberg und seinen Freund und Studienkollegen Wilhelm
Friedrich Hemprich in der Königlich-Preußischen Akademie der
Wissenschaften und beim Kultusminister Altenstein, indem er
Reisemittel beschafft und Forschungsergebnisse bekannt
macht.
Im Jahre 1826 kehrt Ehrenberg allein von
der Afrikareise zurück; im Jahr darauf wird er zum
außerordentlichen Professor an der Berliner Universität
ernannt. Am 20. Februar 1829 lädt Humboldt den erfolgreichen
jungen Biologen ein, ihn auf einer bevorstehenden Reise in
den Ural zu begleiten. Es ist anzunehmen, dass Ehrenberg
begeistert zustimmte - sein Antwortschreiben ist leider
nicht überliefert. Jedenfalls entwickelt sich aus der
wissenschaftlichen Zusammenarbeit eine freundschaftliche
Verbundenheit, die über die nächsten 30 Jahre dauert.
In dem Briefwechsel werden verschiedene
wissenschaftliche Themen berührt, die sich in den meisten
Fällen auf Ehrenbergs Arbeiten beziehen und an denen
Humboldt sehr interessiert war. Humboldt hatte die
Gewohnheit, nur an ihn gerichtete Briefe aufzubewahren, die
für ihn von wissenschaftlichem Interesse waren. So enthalten
die wenigen überlieferten Briefe von Ehrenberg denn auch vor
allem Übersichten über die mikroskopische Beschaffenheit
verschiedener Proben. Oft schickt Humboldt Proben von
Meteoren, von ungewöhnlichen oder exotischen Substanzen an
Ehrenberg, sei es roter Schnee, Passatstaub oder essbare
Erde, um sie untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse stellt
Ehrenberg nicht nur in der Königlich-Preußischen Akademie
der Wissenschaften vor, er hat auch - oft durch Humboldts
Vermittlung - Gelegenheit, seine Forschungen dem preußischen
Königshaus zu präsentieren und einem internationalen
Fachpublikum bekannt zu machen.
Humboldt setzt sich insbesondere dafür
ein, dass Ehrenberg auch im Ausland die Anerkennung erfährt,
die ihm seiner Meinung nach zusteht. Mit viel Energie setzt
er sich zum Beispiel für Ehrenbergs Wahl zum
korrespondierenden Mitglied der Académie des sciences
in Paris ein. Er ermutigt ihn, in ausländischen Journalen zu
veröffentlichen. Er engagiert sich auch für Ehrenbergs
Rechte, wo dieser sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit
eingeschränkt fühlte. Als es zum Beispiel
Kompetenzschwierigkeiten im anatomisch-zootomischen Museum
gibt, verschafft Humboldt Ehrenberg eine Audienz beim
zuständigen Kultusminister Altenstein, versucht aber auch
selbst, vermittelnd einzugreifen. Wo nötig, verteidigt er
Ehrenberg als "einen der ersten Naturforscher des 19ten
Jahrhunderts (meinen innigen Freund und Reisegefährten)"
(Brief von A.v.Humboldt an C.G.Ehrenberg vom 27. Mai 1856,
ABBAW NL Ehrenberg 224).
Aber Humboldt interessierte sich nicht
nur für Ehrenbergs Karriere als Forscher, er nahm auch
lebhaften Anteil an dessen Familieleben, was in vielen
Briefen deutlich wird.
Bei der Arbeit an Humboldts großem Werk,
dem "Kosmos", der alles Bekannte über die Natur darstellen
sollte, war Ehrenberg einer der Wissenschaftler, die
Humboldt mit den neuesten Erkenntnissen in ihrem Fachgebiet
versorgten. Damit nahm Ehrenberg einen zentralen Platz im
"Humboldtschen Netzwerk des Wissens" ein.
Die lange und fruchtbare Freundschaft und
Zusammenarbeit zwischen dem weltberühmten Naturforscher und
Reisenden Alexander von Humboldt und seinem jüngeren,
hochbegabten Kollegen Christian Gottfried Ehrenberg wird in
den vorliegenden Zeugnissen lebendig.
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